15. September 2021 – 15:54 Uhr
Der Wahlkampf zur Bundestagswahl nimmt knapp zwei Wochen vor dem Urnengang kuriose Züge an. Urheber ist die rechtsextreme Partei „III. Weg“. Sie hängt Plakate mit mutmaßlichen Morddrohungen gegen andere auf und die Justiz in Sachsen sieht nur minimalen Handlungsbedarf. Die Partei selbst streitet alles ab. Unterdessen planen die Grünen eine Gegenaktion.
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„Hängt die Grünen!“ Das steht auf den Plakaten der rechtsextremen Partei „III. Weg“, die seit dem 7. September vor allem in Bayern und Sachsen aufgetaucht sind. Nicht nur für die Grünen in den beiden Bundesländern ein offener Aufruf zum Mord an ihren Mitgliedern. Die Staatsanwaltschaft München hat deshalb sogar ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, die Polizei die Plakate entfernt, wie die „taz“ berichtet.
Dennoch hat das Verwaltungsgericht Chemnitz entschieden: Die Plakate dürfen zumindest in Sachsen hängen bleiben, müssen allerdings 100 Meter Abstand zu Plakaten der Grünen einhalten. Der Grund: Das Kleingedruckte unter dem Slogan. Denn damit wolle die Partei lediglich zum Wahlkampf für sich selbst aufrufen.
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Das Gericht in Chemnitz beruft sich auf ein ähnliches Urteil aus dem Jahr 2011. Damals hatte das Verwaltungsgericht Berlin entschieden: Solange auch nur eine minimale Chance besteht, dass der Slogans auch auf eine legale Weise gedeutet werden kann, sind solche Plakate zulässig.
Das Verwaltungsgericht Chemnitz stützt sich dabei vor allem auf den Satz unter dem Slogan. Da steht nämlich kleingedruckt: „Macht unsere nationalrevolutionäre Bewegung durch Plakatwerbung in unseren Parteifarben in Stadt und Land bekannt“ und das sei ein Aufruf dazu, Plakate aufzuhängen.
Damit folgt das Gericht eins-zu-eins der Argumentation der Rechtsextremen. Diese schreiben nämlich auf ihrer Internetseite: „Der allgemein formulierte Slogan, der zum Aufhängen unserer (grünen) Plakate auffordert, wird von den etablierten Medien verkürzt dargestellt und als Mordaufruf verdreht.“
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Ganz ähnlich hatte damals auch das Verwaltungsgericht Berlin im Fall der NPD entschieden. Die Partei hatte mit einem Motorradfahrer und dem Slogan „Gas geben“ für sich geworben und damit den Holocaust zumindest indirekt befürwortet. Das Gericht hatte jedoch entschieden, dass das Motto auch als Ziel für schnellere Entscheidungen in den Parlamenten gewertet werden könnte und die Plakate für zulässig erklärt.
Dasselbe gilt übrigens auch für Wahlplakate von „Die Partei“. Denn die Anhänger von Satiriker und Politiker Martin Sonneborn warben und werben seit mehreren Wahlen mit den Slogans „Nazis töten“ oder „Hier könnte ein Nazi hängen“ und machen sich die Doppeldeutigkeit zu nutze.
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Ob die erlaubte Doppeldeutigkeit allerdings im Fall der Wahlplakate des „III. Wegs“ auch gilt, ist zumindest fraglich. Denn anders als bei den Plakaten der NPD oder von „Die Partei“ halten Experten den Aufruf zum Aufhängen von Plakaten für nicht allgemein gültig. Wahlplakate werden schließlich nur von Parteifunktionären und Wahlkämpfern aufgehängt und nicht von Wählern. Dass der „III. Weg“ also mit seinem Slogan zum Aufhängen von grünen Plakaten aufruft, ist eher unglaubwürdig.
Unterdessen wollen die Grünen in Zwickau mit eigenen Wahlplakaten ein Zeichen gegen die rechtsextreme Splitterpartei „III. Weg“ setzen. Bei einer Aktion unter dem Motto „Demokrat*innen nicht hängen lassen“ sollten am Mittwochabend Mitglieder des sächsischen Landesverbands nach Zwickau kommen, um dort Wahlwerbung der Grünen aufzuhängen.

Ziel der Plakatieraktion der Grünen ist jetzt laut der Partei, es dem «III. Weg» unmöglich zu machen, diesen 100-Meter-Abstand einzuhalten. Der Grünen-Bundesverband will dazu kurzfristig 200 Wahlplakate nach Zwickau schicken.

(dpa, sst)

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