Haitis neuer Justizminister Liszt Quitel: Der Mord an Präsident Moïse hat die Krise im Land verschärft
Zwei Monate nach dem Mord an Haitis Präsident Jovenel Moïse bleibt der Fall ungeklärt. Inmitten der Ermittlungen hat Interims-Premierminister Ariel Henry nun den Justizminister ausgetauscht. Der neue Minister, Liszt Quitel, wurde am Donnerstag vereidigt, wie Henrys Büro mitteilte.
Der haitianische Regierungschef hatte Quitels Vorgänger Rockfeller Vincent entlassen – ebenso wie den Leiter der Staatsanwaltschaft Bed-Ford Claude. Letzterer beantragte vor wenigen Tagen beim zuständigen Richter eine Anklage gegen Henry und untersagte diesem die Ausreise. Hintergrund war eine mutmaßliche Verwicklung in den Mord an Moïse. Es war unklar, ob Claude dazu befugt war.
Der 53 Jahre alte Moïse war in der Nacht zum 7. Juli in seiner Residenz von einer schwer bewaffneten Kommandotruppe überfallen und erschossen worden. Seine Ehefrau Martine wurde dabei angeschossen, überlebte aber. Laut Polizeiangaben führten kolumbianische Söldner den Mord aus. Zu den Hinterleuten sollen ein haitianischer Arzt, der in den USA wohnte, und ein Ex-Funktionär des haitianischen Justizministeriums gehören.
Regierungschef Henry hatte der Staatsanwaltschaft zufolge in der Nacht des Attentats mit einem der Hauptverdächtigen in dem Fall telefoniert. Der Präsident hatte als eine seiner letzten Amtshandlungen Henry zum neuen Ministerpräsidenten ernannt.
Was Henry genau vorgeworfen wird, war zunächst unklar. Er soll mit einem der mutmaßlichen Hinterleute – dem flüchtigen Ex-Justizfunktionär – wenige Stunden nach dem Anschlag telefoniert haben. Der Generalsekretär von Henrys Regierungskabinett, Renald Lubérice, reichte am Mittwoch seinen Rücktritt ein.
In dem Schreiben sagte er, er könne nicht unter einer Person auf dem Posten bleiben, die in der Ermordung von Moïse beschuldigt sei und die Justiz zu behindern versuche. Auch er wurde inzwischen ersetzt. Laut Meinung von Beobachtern gibt es einen Machtkampf zwischen verschiedenen Fraktionen innerhalb der konservativen Regierungspartei PHTK.
Der Mord sorgt seit Wochen in Haiti für Unruhe. Es gab bisher mehr als 40 Festnahmen, darunter 18 Kolumbianer. Aufgeklärt wurde der Fall bisher nicht.
Der ohnehin von Kriminalität, Korruption, politischer Instabilität und großer Armut geprägte Karibikstaat ist durch die Ermordung des Präsidenten in eine noch tiefere Krise gestürzt. Moïse hatte Haiti zuletzt per Dekret regiert, nachdem eine für 2018 geplante Parlamentswahl unter anderem wegen Protesten gegen ihn verschoben worden war. Der Präsident war unpopulär: Viele Haitianer machten ihn für die schwere Coronakrise im Land und die zunehmende Gewalt durch kriminelle Banden verantwortlich.
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