Eine katalanische Demonstrantin fordert Carles Puigdemonts Freilassung
Der ehemalige katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont ist in Freiheit. Der Politiker war am Donnerstagabend auf Sardinien festgesetzt worden. Diese Maßnahme hob das zuständige Gericht nun auf, wie Puigdemonts Anwalt Gonzalo Boye dem SPIEGEL sagte.
Puigdemont war am Freitag vom Gericht auf Sardinien angehört worden. Richterin Plinia Azzena betonte laut spanischen Medienberichten, dass Puigdemonts Verhaftung rechtens gewesen sei. Es sei allerdings nicht nötig, ihn im Gefängnis zu belassen oder Hausarrest zu verhängen. »Mir geht es gut«, sagte Puigdemont Reportern, nachdem er das Gefängnis verlassen hatte.
Es ist noch nicht entschieden, ob die italienische Justiz Puigdemont an Spanien überstellt. Spanische Medien berichteten zunächst, der Politiker habe der Richterin zugesichert, bis zur Entscheidung auf Sardinien zu bleiben.
Anwalt Boye sagte dem SPIEGEL jedoch, das sei nicht der Fall. Das Gericht habe ihm keinerlei Auflagen gemacht. Puigdemont werde deshalb noch einige Tage auf Sardinien bleiben und anschließend nach Belgien zurückkehren. Eine Entscheidung über eine mögliche Auslieferung nach Spanien solle am 4. Oktober fallen, so Boye weiter.
Ob Puigdemont dann persönlich zur Anhörung erscheine oder per Videokonferenz aussage, wisse er nicht, sagte Boye weiter. Er sei sich jedoch absolut sicher, dass sein Mandant letztlich nicht ausgeliefert werde.
Puigdemont war am Donnerstagabend direkt nach seiner Landung auf Sardinien gefasst worden. Er war auf die Insel gereist, um an katalanischen Feierlichkeiten teilzunehmen und Kommunalpolitiker zu treffen. Noch am Flughafen der Stadt Alghero wurde er von der italienischen Polizei verhaftet und ins Gefängnis gebracht.
Grundlage dafür ist ein von Spaniens Oberstem Gerichtshof 2019 ausgestellter Europäischer Haftbefehl gegen den Politiker. Die spanische Justiz wirft ihm und anderen Separatisten wegen des illegalen Unabhängigkeitsreferendums in Katalonien vom 1. Oktober 2017 und der versuchten Abspaltung der Region Aufruhr gegen die Staatsgewalt und die Veruntreuung öffentlicher Gelder vor.
Puigdemont ist seitdem – anders als einige seiner Mitstreiter – auf der Flucht. Zuletzt lebte er in Waterloo bei Brüssel. Die spanische Justiz hat sich bereits mehrmals vergeblich um seine Auslieferung bemüht.
Dass Puigdemonts Verteidiger sich so optimistisch zeigen, hat vor allem mit Puigdemonts Wahl ins Europaparlament zu tun. Als Europaparlamentarier genießt Puigdemont grundsätzlich Immunität vor einer Strafverfolgung. Das Parlament hob diese im März per Mehrheitsentscheid auf. Doch der Politiker geht gerichtlich dagegen vor – und der Gerichtshof der Europäischen Union hat bisher noch nicht endgültig über den Fall entschieden.
Proteste in Barcelona am Freitag
Bisher beschlossen die Richter nur, dass Puigdemonts Immunität für die Dauer des Verfahrens vorerst nicht wiederhergestellt werden soll – laut Urteil unter anderem, weil nach Ansicht des Gerichts keine Gefahr drohte, dass der Europäische Haftbefehl gegen ihn vollstreckt wird. Spanien habe das versichert, heißt es sinngemäß im Urteil. Doch nun ist genau das passiert.
Puigdemonts Verteidiger haben deshalb bereits angekündigt, vor dem EuGH die Wiedereinsetzung der Immunität zu beantragen. »Das werden wir am Montag tun«, sagte Boye den SPIEGEL. Im Gerichtsurteil sei ausdrücklich festgehalten worden, dass im Fall einer Festnahme erneut ein Antrag auf eine einstweilige Anordnung zur Wiederherstellung der parlamentarischen Immunität gestellt werden könne.
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Am Freitag demonstrierten in Barcelona vereinzelte Anhänger der Separatisten vor dem italienischen Konsulat. Der spanische Regierungschef Pedro Sánchez verlangte am Nachmittag, Puigdemont müsse sich der spanischen Justiz stellen. Gleichzeitig betonte er seine Bereitschaft zu einem Dialog mit den katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern.
Sánchez hatte zuletzt direkte Verhandlungen mit den Separatisten in Barcelona begonnen, den Konflikt um die Region wollte er so beruhigen. Die Festnahme hat sein Vorhaben nun erschwert. Puigdemont gehört zum konservativen, radikaleren Lager der Separatisten. Auch der linke Regionalpräsident Pere Aragonès, mit dem Sánchez verhandeln wollte, stellte sich nach dessen Festnahme aber sofort hinter Puigdemont und forderte dessen Freilassung und eine Amnestie.
Sánchez linke Minderheitsregierung wird unter anderem von katalanischen Separatisten gestützt. Die konservative Opposition forderte den spanischen Regierungschef prompt auf, alles für eine Auslieferung Puigdemonts zu tun – auch wenn das seine Regierung gefährden könnte.
In Spanien war bereits am Donnerstagabend gemutmaßt worden, dass Puigdemont seine Verhaftung absichtlich provoziert habe, um erneut Aufmerksamkeit auf seine Anliegen zu lenken. »Ich kann versichern, dass das nicht der Fall ist«, sagt sein Anwalt Boye nun. Man habe mit der Verhaftung nicht gerechnet. Puigdemont sei vor ein paar Tagen öffentlich in Frankreich aufgetreten, auch dort sei er nicht behelligt worden.
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