Der Erbvertrag macht dann Sinn, wenn eine rechtliche Bindung gewünscht ist. Mit der vertraglichen Bindung eines Erbvertrages können die Vererbenden gegenüber einzelnen Personen einen finanzielle Absicherung erreichen. Im Gegensatz zu einem Testament, kann ein Erbvertrag nicht einfach abgeändert werden. Je nach Art des Testaments kann es durch die Bindung an den Testierenden jederzeit einseitig geändert, widerrufen oder erneuert werden. Diese Möglichkeiten sind mit keinen Informationspflichten gegenüber Dritten verbunden. Der Testierende muss also niemanden darüber informieren.

Soll hingegen der Inhalt eines Erbvertrages geändert werden, müssen alle am Vertrag Beteiligten zustimmen. Ändern sich Familien- oder Vermögensverhältnisse, können auch diese nur schwer Berücksichtigung finden. Hier spiegelt sich die bindende Wirkung des einmal geschlossenen Erbvertrags wider. Es ist aber möglich, Klauseln, die eine Änderungs- und Ausstiegsmöglichkeit bieten, in den Vertrag aufzunehmen. Die Bindungswirkung kann aber eingeschränkt werden. In diesem Fall besteht ein Rücktrittsrecht,

 

  • wenn sich ein Teil dieses Recht nach § 2293 BGB vorbehalten hat.

  • wenn die vom Vertragspartner des Erbvertrags vereinbarte Leistung ausbleibt. (2295 BGB)

Darüber hinaus kann der Erbvertrag auch angefochten werden, wenn Anfechtungsgründe im Sinne der §§ 2078, 2079 BGB vorliegen. Formell müssen für eine Anfechtung folgende Voraussetzungen vorliegen:

 

  • persönliche und notariell beurkundete Anfechtungserklärung des Erblassers (§ 2282 Abs. 3 BGB)

  • Anfechtungserklärung muss dem Vertragspartner zugehen. Ist dieser bereits verstorben, kommt das Nachlassgericht als Empfänger der Anfechtungserklärung zum Einsatz (§ 2281 Abs. 1 BGB).

  • Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr und beginnt mit Kenntniserlangung des Anfechtungsgrundes (§ 2283 BGB).

Den Inhalt eines Erbvertrags kann der Erblasser auch noch anders aushebeln: durch Schenkungen zu Lebzeiten. Kann nachgewiesen werden, dass die Schenkung zu Lebzeiten nicht auf Eigeninteresse zurückzuführen ist, hat die Schenkung keinen Bestand. Das heißt: Gemäß § 2287 BGB müssen sämtliches Zuwendungen des Verstorbenen zurückgegeben werden. Hatte der Erblasser jedoch ein lebzeitiges Eigeninteresse, gilt die Schenkung als bestandsfest. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Beschenkte den Schenker gepflegt hat und deshalb belohnt werden soll.

Weiterhin ist für die Wirksamkeit eine notarielle Beurkundung bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Vertragsbeteiligten zwingend erforderlich. Im Gegensatz zu Verträgen anderer Art darf sich der Erblasser nicht durch eine andere Person vertreten lassen. Zudem muss er uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit mitbringen. Diese Erfordernisse bestimmen sich nach den §§ 2274, 2275 BGB.

In folgenden Fällen macht ein Erbvertrag Sinn:

 

  • geplante Unternehmensnachfolge: Hier geht es um die Sicherstellung der Weiterführung des Unternehmens durch einen kompetente Person. Nicht selten soll hier ein ganzes Lebenswerk abgesichert bzw. fortgeführt werden.

  • Nicht verheiratete Paare: Partner, die nicht miteinander verheiratet sind, haben nur wenig gesetzliche Schutzmechanismen in Hinblick auf Versorgungsfragen nach dem Tod. Diese kommen bei verheirateten Personen in Bewegung, wenn es zu einer Trennung und Scheidung kommt. Unverheiratete Paare haben daher weder einen Anspruch auf Trennungsunterhalt oder Ehegattenunterhalt. Es bestünde allenfalls ein Anspruch auf Kindesunterhalt, weil nichteheliche Kinder den ehelichen Kindern gleichgestellt sind. Mit dem Erbvertrag erreichen die unverheirateten Lebenspartner daher eine Absicherung über die wechselseitige Erbeinsetzung. Auf diese Weise können sie sich gegenseitig für die Zukunft absichern.

Eine Absicherung in dieser Form garantiert eine Veränderung der Vermögenslage in der Praxis allerdings nicht. Das zu vererbende Unternehmen kann Pleite gehen oder von aufgekauft werden. Das zu vererbende Haus kann der Hauseigentümer immer noch verkaufen.

Der Erbvertrag macht – wie aufgezeigt – in nur wenigen Fallkonstellationen Sinn. Im Gegensatz zum Berliner Testament ist diese Art der Vererbung die weniger beliebte Form.