War Jürgen Klinsmann im November vergangenen Jahres noch mit Pauken und Trompeten bei Hertha Berlin aufgeschlagen, um als Trainer den reformierenden Heilsbringer geben zu müssen, so hat sich dies, rund vier Monate später, komplett in Wohlgefallen aufgelöst. Der Haussegen zwischen Klinsmann und der Führungsriege der Hertha könnte nicht schiefer hängen. Nach seinem abrupten Abgang als Trainer lag nun auch noch die Kündigung seine Beraterpostens bei der Tennor Holding in der Luft. Doch nun hat Lars Windhorst dies dementiert.

Dabei hätte ein solcher Schritt nicht wirklich überrascht. Denn tiefer könnte die Kluft zwischen Klinsmann und Hertha BSC Berlin, wo Windhorst als Investor engagiert ist, nicht sein. Völlig überraschend hatte er den Klub vor knapp einem Monat verlassen. Dem folgte zunächst ein einigermaßen verhaltenes Statement auf Facebook. Doch drei Wochen später wurden Auszüge eines „Protokolls“ von Klinsmann in der Bild Zeitung veröffentlicht. Darin übte Klinsmann schwere Kritik an der Führungskultur bei der „alten Dame“.

Eine diffuse und doch vielsagende Abrechnung

Dass der Bild Zeitung unter nicht näher geklärten Umständen zugespielte Protokoll gewährte vielsagende Einblicke in die Wahrnehmung von Klinsmann, was ihm aber nicht zwingend zum Vorteil gereicht. Er schrieb von einer „Lügenkultur“ und dass die „gesamte Vereinsführung sofort ausgetauscht gehört“. So harsch diese Kritik ausfiel, so diffus wirkte sie aber auch teilweise.

Nachvollziehbare Kritik übte er hingegen, als es um die unschönen Vorfälle ging, bei denen rassistischen Beleidigungen gegen Jordan Torunarigha während des Pokalspiels gegen Schalke 04 fielen. Klinsmanns Protokoll äußerte dazu: „Kein einziges Mitglied der Geschäftsleitung, die ja immer komplett im Stadion vertreten ist, stellt sich der Rassismusthematik nach dem Spiel.“ Stattdessen habe er, „der die vergangenen 30 Jahre in den USA gelebt hat“, sich „von Fernsehsender zu Fernsehsender durcharbeiten müssen“, um Fragen nach Rassismus in deutschen Städten bzw. im Fußball zu beantworten.

Sehr befremdlich war hingegen, dass auch Bewertungen aller Spieler Bestandteil des Protokolls waren. Dort wurden einzelne Spieler quasi als hoffnungslos verrissen. Wenn Klinsmann billigend in Kauf genommen hat, dass sein „Protokoll“ in der Bild Zeitung veröffentlicht wird (so er es nicht gar selbst eingefädelt hat), dann sind solche publizierten „Spieler Bewertungen“ ein ganz unsportliches Nachtreten eines verbitterten Trainers. Da hilft auch die Anerkennung als Rassismus Beauftragter wider Willen nicht wirklich weiter.